Landau, 7. November 2025
Kunst besteht aus Herzblut. Herzblut fließt aus freien Stücken um seiner selbst Willen in die Welt. Er berechnet das Ergebnis seines Wirkens genauso wenig wie ein Fluss, der seinem Weg ins Meer folgt. Dennoch hat dieser Strom Auswirkungen auf all das, was er berührt. Folgt man treulich seinem Herzen, dem Quell der Inspiration, einzig aus dem der Zauber des Echten aufsteigt, kann der Verstand klugerweise fragen: Wofür mach ich das eigentlich? Lohnt sich das noch? Wen interessiert es in einer Kulturlandschaft, die wie eine Wasserbombe bis zum Bersten mit ‚Content‘ gefüllt ist. Wer sieht mich noch? Wer hört mich noch? Wer braucht das eigentlich noch?
Die kulturelle Welt ist was gemachtes, ein hyperaktiver Trommelhase aus Plastik, jede Sekunde mehr von KI generierter ‚Kunst‘ infiziert, die ihn zum Hochglanz- Zombie macht. Ein Totgeweihter, auf den doch noch bis zum letzten Schritt die Instagramhelden aufspringen, gierig nach den Krümeln des Kuchens, den längst die etablierten Platzhirsche unter der Obhut ihrer Business-Hirten unter sich aufgeteilt haben. Eine Pyramide, wie überall in diesem Wer- wird -Millionär- Liverollenspiel mit der verlockenden Aussicht: Jeder kann es schaffen! Ja, vielleicht ist da was dran, aber gewiss nicht alle können es schaffen, sondern nur ein paar wenige. Das ist der entscheidende Unterschied. Und der Rest tritt sich gegenseitig auf die Füße.
Der Kunstmarkt ist zu einem Discounter geworden. Es gibt überbezahlte Markenartikel und Unmengen schlecht gemachter Ramsch. Dazwischen laufen die kleinen Erzeuger mit ihrem Bauchladen herum, in denen sie ihre Äpfel, Pastinaken oder sonstigen Früchte der Erkenntnis feilbieten. Stunden, Tage, Wochen, Lebensphasen haben sie darein gepackt, was die an den Discount gewöhnten Menschen häufig erstmal gar nicht wahrnehmen. Wie viel Arbeit ist es denn, sein Gemüse im Rhythmus von Sonne und Mond anzubauen, im Herzensgarten hinterm Haus, ohne großen Traktor und Kunstdünger? Und wie nährend ist ein selbstgebackener Kuchen, ohne die zweifelhafte Beihilfe von Dr. Oetker?
Ich möchte von meiner persönlichen Erfahrung erzählen, mit meinem neuesten Buch (Stand 2025) ‚In den Steinen träumt der Frieden‘. Ein Herzensprojekt, für das ich entschieden habe, es mit meiner Freundin Isabell im Selbstverlag Farn und Feder herauszubringen. Ich habe mir lange Gedanken gemacht und wenig Verlage gesehen, die ich für dieses Buch als passend empfand. Mit dem Neue Erde Verlag war ich im Austausch, doch war schnell klar, dass sie auch keine wirkliche Reichweite haben und das Thema vielleicht zu 'speziell' ist. Ja, Frieden ist sehr speziell... Ungeachtet dessen: Nach meiner letzten Erfahrung mit dem Wenn-Nicht-Jetzt- Verlag machte das keinen Sinn für mich. Der WNJ hat super Arbeit gemacht, tolle Bücher und ganz viel Engagement reingesteckt. Nach nur drei Jahren war aber klar, dass die beiden Menschen die das gemacht haben, nicht davon leben können. Der Markt gehört den Großen, und die machen den meisten Umsatz mit einigen wenigen Zugpferden. Der Rest ist Beiwerk. Da braucht es plakative Themen und Leute mit starker Internetpräsenz. Meistenteils zumindest. Die müssen dann regelmäßig liefern, sonst sind sie auch schnell wieder in der dritten Reihe verschwunden. Keine Zeit mehr für Legenden. Klassiker entstehen aktuell nicht mehr. Es braucht ständig NEUES. Der Rest wird auf dem Wühltisch geopfert.
Wenn man nun noch bedenkt, dass der Autor dem Verlag sämtliche Rechte überträgt, dabei auch die Wahl des Titels, die Covergestaltung und inhaltliches Lektorat, und vom Verkaufspreis selbst nur 6 bis (bei einem sehr netten Verlag) 10 Prozent erhält, stellt sich schnell die Sinnfrage. Für mich in dem Fall zu der klaren Antwort führend: Ich mach es selbst. Alles. Mit Hilfe von Freunden, denen ich dafür zumindest einen Obolus zahle. Die Produktionskosten sind enorm bei kleiner Auflage, aktuell bei etwa 13,50 Euro pro Buch. Meine Arbeitszeit zu berechnen schenke ich mir dabei. Und dennoch glaube ich dass es sich lohnt. Dass es ein persönlicher und zugleich bedeutsamer Herzensbeitrag in das Weltgeschehen ist. Ein Herzblutstrom, der berührt, der Effekte auszulösen vermag, Aktions-Reaktionsketten in Gang setzt, die folgerichtig sind. Im Vertrauen darauf, dass mich die liebe Göttin schon leben lässt und bisher hat sie das ja nicht schlecht getan.
Warum erzähle ich das? Weil ich Mut machen möchte. Mut all den kleinen, ehrlichen und oft hochbegabten Künstlern, die unerkannt im Mainstreamdschungel ihre Randnischen bewohnen, ihr Herzblut guten Herzens fließen zu lassen und einen authentischen Weg zu beschreiten, den eigenen, gottgegebenen Gaben treu. Es ist unsere Poetenpflicht, sie einzubringen! In der indischen Mythologie wird erzählt, dass im aktuellen Kali Yuga, dem dunklen Zeitalter, die Dämonen in Prunk protzen und die Götter als staubige Bettler unerkannt durch die Straßen gehen. Ohne zu hoch traben zu wollen, können wir das vielleicht ein klein wenig auch für die Kunst, auch für das ehrliche Handwerk sehen. Mehr denn je gilt es das Echte zu wahren. Damit an die Wertschätzung eben dieses an die Menschen zu appellieren, damit ihnen wieder bewusst wird, was zum Beispiel ein gutes Buch wert ist. Den Maßstab dürfen wir uns nicht von Discountern, Großverlägen oder Online-Händlern vorschreiben lassen. Wir können uns als allererstes selbst die angemessene Wertschätzung zurückgeben, indem wir uns gegenseitig unterstützen und so letztenendes beschenken. Die Rübe aus dem Garten ist verdammt viel mehr Wert als die aus dem Plastikbeutel bei Aldi. Der Honig vom Imker aus dem Dorf ist Gold, der von Langnese Zuckermelasse. Das Lied vom Musiker an der Straßenecke unmittelbarer Seelenausdruck, die Megaproduktion auf Spotify nur ein Wisch auf dem Bildschirm. Ein Buch ist etwas, mit dem wir viele Stunden zubringen, dass uns Inspiration schenkt, berührt, Gefühle weckt, Gedanken anregt. Dass wir ein Leben lang behalten können, oder es weitergeben. Es kostet meist nur soviel wie eine oder zwei Pizzen, den Viertelpreis eines Konzerttickets eines Rockstars, zehn Minuten beim Arzt oder Heilpraktiker oder zwei Schachteln Zigaretten. Drin steckt erstmal ganz viel Papier, welches aus Bäumen hergestellt wird. Unmengen Tinte. Zuschnitt und Bindung. Layout. Coverdesign. Lektorat. Werbung. Transport. Lagerung. Eventuell tausend Stunden Denken, Schreiben, Überarbeiten. Jahrzehnte an Lebenserfahrung. Und ach ja, ganz viel Herzblut.
Und so soll die wahre Kunst anstelle der Ware Kunst selbstbewusst ihren Platz zurückfordern. Im Sinne des Erfinders revolutionär. Aus Wurzeln tief von Herz zu Herz gereicht.
Es verneigt sich Jano Eulenlauscher
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